weniger ist mehr
Wie Stiftungen flexibel fördern können
Die allermeisten Stiftungen im deutschsprachigen Raum fördern vornehmlich projektbezogen. Laut dem Schweizer „Grantee Review Report“ gilt das für über 95 Prozent aller Förderungen. Für ein klar definiertes Vorhaben werden in einem festgelegten Zeitraum Mittel zur Verfügung gestellt, die nur für diesen Zweck verwendet werden dürfen. Das macht Organisationen unflexibel und kann dazu führen, dass sie ihre eigentlichen Ziele aus den Augen verlieren, weil ständig neue, innovative „Projekte“ lanciert werden müssen, um die Organisation am Leben zu erhalten. Zudem führen die Antrags- und Berichtspflichten, die mit einer Projektförderung verbunden sind, zu einem immensen Aufwand.
Demgegenüber steht ein zunehmend diskutiertes Fördermodell, bei dem Organisationen ungebundene Mittel erhalten, über die sie frei verfügen können. So hat die amerikanische Philanthropin MacKenzie Scott mit ihrer Initiative Yield Giving seit 2019 über 14 Milliarden US-Dollar an Hunderte von NGOs in den USA gespendet – ohne Anträge, ohne Auflagen und zur freien Verwendung, weil, wie sie sagt, die NGOs die wahren Expert*innen sind, die am besten wissen, wo die Mittel gebraucht werden.
Zwischen einem „Unrestricted Funding“ dieser Art und einer starren Projektbindung auf der anderen Seite gibt es ein großes Kontinuum an Möglichkeiten, wie Förderbeziehungen gestaltet werden können. Stiftungen haben die Möglichkeit, flexibel zu agieren und die passende Form der Förderung zu finden; im Idealfall in Absprache mit dem Förderpartner. Manche Organisationen profitieren von einer engeren Begleitung, in anderen Fällen ist das Vertrauen in eine ungebundene Förderung ein Lernprozess für alle Beteiligten. Stiftungen machen dabei die Erfahrung, dass dies nicht zulasten der Wirksamkeit geht – oftmals im Gegenteil, weil die Kapazitäten der geförderten Organisation in das wandern, was wirklich notwendig ist. Stiftungen und Stiftungsmitarbeitende verändern dabei ihr Selbstverständnis: Sie werden zu Ermöglicher*innen und Unterstützer*innen derjenigen, die für das gemeinsame Ziel arbeiten.