Wie Stiftungen mit mehr als Geld fördern können
Geld allein macht nicht glücklich. Diese Binsenweisheit gilt im echten Leben genauso wie in Förderbeziehungen. Doch allzu oft konzentrieren sich Stiftungen und Förderpartner auf den offensichtlichsten Weg der Förderung. Obwohl finanzielle Unterstützung zweifellos einen essenziellen Beitrag leisten kann, sind auch monetäre Mittel in ihrer Wirkung begrenzt.
Um effiziente, unabhängige und wirklich nachhaltige Strukturen zu schaffen, sollten Stiftungen daher verstärkt prüfen, ob sie ergänzende Formen der Unterstützung bereitstellen können – sofern die Förderpartner sich für diese Angebote öffnen. Das Unterstützungs-Spektrum kennt keine Grenzen. Es reicht vom Zugang zu Netzwerken über die Vermittlung von Trainings- und Beratungsangeboten bis hin zu Advocacy für die gemeinsame Sache. Wichtig ist, dass nicht-monetäre Bedürfnisse im Dialog mit den Förderpartnern eruiert werden. So lässt sich dem Spannungsverhältnis begegnen, das zwischen gut gemeinten Ratschlägen und übergriffigen Einflussnahmen besteht.
Stiftungen profitieren auch selbst, wenn sie ihren Förderhorizont erweitern. Einerseits bieten sich ihnen andere Wege des Engagements dort, wo ihre finanziellen Ressourcen begrenzt sind. Zum anderen leisten sie durch Angebote des Wissens- und Kompetenzausbaus einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung ihrer Förderpartner und damit auf längere Sicht des gesamten zivilgesellschaftlichen Sektors. Zudem können sie durch die größere Nähe zu ihren Förderpartnern und damit einer besseren Kenntnis ihrer realen Bedürfnisse zielgerichteter agieren.
Dieses Kapitel skizziert, worauf es bei dieser Art der Unterstützung ankommt, und zeigt anhand von Praxisbeispielen, welche Angebote Stiftungen ihren Förderpartnern machen können.
Eignung prüfen
make or buy
Rollen klären
Vertrauen bilden
Sie kennen noch weitere Beispiele dafür, wie Stiftungen ihre Partner mit mehr als Geld unterstützen? Dann lassen Sie es uns gerne wissen, damit wir die Sammlung ergänzen können: hallo@weniger-ist-mehr.org.
Netzwerk
Stiftungen sind oft Netzwerkknoten und haben in ihren Tätigkeitsbereichen Kontakte zu ganz unterschiedlichen Akteur*innen, etwa zu Projektträgern, zu anderen Stiftungen, zu Unternehmen, zu Forschenden und zu Vertreter*innen von Verwaltung und Politik. Für die Förderpartner ist dieses Netzwerk eine wertvolle Ressource, die Stiftungen ohne viel Aufwand zur Verfügung stellen können, entweder indem sie Förderpartner miteinander vernetzen oder gezielt Kontakte herstellen.
Critical Friend
Stiftungen können ihren Förderpartnern ein „kritischer Freund“ sein und sie mit Ratschlägen, externem Input und konstruktiver Kritik voranbringen, zum Beispiel zu Projektideen, Fundraisingkonzepten oder Strategieentscheidungen.
Besonders herausfordernd ist es, wenn die Stiftung bei ihrem Förderpartner Themen wahrnimmt, vor denen die Leitung oder das Team die Augen verschließt – etwa die Fehlbesetzung einer Stelle, unausgesprochene Meinungsverschiedenheiten im Team, das Sich-schön-Reden eines Programms oder Projekts, das seine Ziele wiederholt nicht erreicht hat, oder sich abzeichnende finanzielle Schwierigkeiten. Ist das Vertrauen auf beiden Seiten groß genug, diese Themen diplomatisch anzusprechen? Gleichzeitig kann es sein, dass die Verantwortlichen auf der Stiftungsseite nicht das ganze Bild kennen oder etwas übersehen. In diesen Situationen gilt es, mit Fingerspitzengefühl, aber auch mit einer gewissen Hartnäckigkeit an den Themen dranzubleiben. Dabei sollte man weder das eigene Bauchgefühl ignorieren noch die eigene Kompetenz überschätzen. Als Geldgeberin ist eine Stiftung eben keine Freundin wie jede andere und die Grenze zwischen hilfreichem Input und unbotmäßiger Anmaẞung ist oft schwimmend.
Fundraising
Die Investition in Fundraising ist besonders wertvoll, weil es dazu beiträgt, den Partnerorganisationen eine nachhaltige Finanzierung zu verschaffen. Der Aufbau von Fundraisingkompetenz, Personal und Datenbanksystemen erfordert Zeit und Geld. Stiftungen können hier auf unterschiedliche Weise unterstützen. Sie können diese Investitionen mittragen, Kontakte zu anderen Stiftungen herstellen oder Empfehlungen aussprechen, um Partnern den Zugang zu weiteren Mitteln zu ermöglichen. Sehr wertvoll sind auch Rückmeldungen zu Förderanträgen, die man aus Sicht einer Förderstiftung kommentiert, um so die Chancen bei der nächsten Antragstellung an eine Stiftung zu verbessern.
Preisvergaben
Durch die Vergabe von Preisen erhalten Preisträger*innen eine mediale und gesellschaftliche Anerkennung.
Vor der Entscheidung für einen neuen Preis sollte abgewogen werden: Auf der einen Seite steht die mögliche Sichtbarkeit von Stiftung und Preisträger*in. Auf der anderen Seite steht der damit verbundene Aufwand: Sollen sich potenzielle Preisträger*innen selbst bewerben oder werden sie von jemandem recherchiert? Wer entscheidet über die Vergabe – eine Jury, ein Team oder Organ der Stiftung? Wie aufwendig wird die Vergabezeremonie? Und: Wie viele Preise zu diesem Thema gibt es schon? Sonst kann es passieren, dass der gewünschte Öffentlichkeitseffekt weniger stark ausfällt, als von der Stiftung erhofft.
Literaturtipp Preise
Viele nützliche Tipps zur Planung und Durchführung von Stiftungspreisen bietet die Publikation des Centre for Philanthropy Studies: „Ausgezeichnet! Preise, Awards und Auszeichnungen von Schweizer Stiftungen“.
Weiterbildungen
Die Finanzierung des Overheads ist für viele gemeinnützige Organisationen ein großes und konstantes Problem. Mittel für Beratungsleistungen oder Weiterbildungen sind typischerweise extrem knapp, gerade wenn es um Managementthemen geht – um Fundraising, Wirkungsorientierung, Organisationsentwicklung, Führung, Generationenwechsel oder Wissensmanagement. Für eine krisenfeste und nachhaltige Arbeit sind aber gerade diese Themen extrem wichtig. Stiftungen können hier äußerst hilfreich sein, wenn sie Weiterbildungen anbieten – entweder mit eigenen oder externen Ressourcen.
Organisationsentwicklung / Coachings / Capacity Building
Geförderte Projekte und Institutionen haben oft eine gewachsene Struktur, arbeiten vielleicht mit Menschen im Ehrenamt zusammen, sind schnell gewachsen oder mit anderen strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Coachings oder das Angebot einer Organisationsentwicklung können Förderpartnern helfen, sich zukunftsfähig aufzustellen.
Evaluationen / Wirkung
Laut einer Befragung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen aus dem Jahr 2020 messen nur 53 Prozent der befragten Stiftungen regelmäßig die Wirkung ihrer Projekte (Stiftungspanel 2020: „Handeln. Wirken. Messen?“). Vielen fehlt das Know-how oder schlicht die Zeit. Dabei können Evaluationen sehr wichtig sein, um Projekte weiter zu verbessern. Außerdem sind sie eine große Hilfe, um weitere Geldgeber*innen anzusprechen und zu überzeugen.
Projektbegleitung
Rechtliche Mindestanforderungen / Deutschland
Gemeinnütigkeitsrechtlich dürfen Stiftungen andere gemeinnützige Organisationen durch direkte finanzielle Förderungen, aber auch durch Beratung, Kontakte oder die Überlassung anderer Mittel unterstützen – zum Beispiel mit zinslosen, vergünstigten und/oder unbesicherten Darlehen.
Zivilrechtlich sind die Organe rechtsfähiger Stiftungen an ihre Satzung gebunden. Sofern diese keine verbindlichen Regelungen zur Art der Zweckerfüllung enthält, liegt es im Ermessen des Vorstandes, die passende Form der Förderung zu wählen.
Rechtliche Mindestanforderungen / Schweiz
Ist der Stiftungszweck nur in sachlicher Hinsicht umschrieben und macht die Stiftungsurkunde keine Vorgaben, auf welche Weise der Zweck umgesetzt werden muss, steht es (unter Berücksichtigung der im Einzelfall anwendbaren Bestimmungen inkl. Rechtsprechung) im Ermessen der Stiftungsrät*innen, zu entscheiden, wie die Zwecke erreicht werden sollen – zum Beispiel durch direkte Vergabungen oder durch andere, nicht-monetäre Formen der Förderung.
Zur Wahl der passenden Förderform heisst es im Swiss Foundation Code (SFC) ausdrücklich:
Darüber hinaus enthält der Code ein wichtiges Caveat an die Adresse der Stiftungsmitarbeiter*innen:
NB: Der „Swiss Foundation Code“ formuliert Good-Governance-Richtlinien für Stiftungen. Er spricht Empfehlungen, aber keine zwingenden Bestimmungen aus.
Rechtliche Mindestanforderungen / Liechtenstein
Auch für die Frage, auf welche Weise eine Stiftung die geförderten Organisationen unterstützen darf, gilt: Massgeblich sind die Stiftungsdokumente. Wenn diese - wie meist - hierzu keine besonderen Vorschriften enthalten, ist die Stiftung frei darin, ihre Partnerorganisationen auch auf nicht-monetäre Weise zu unterstützen.
Die folgenden Personen aus dem Autor:innen-Team stehen Ihnen gerne für Rückfragen und weitere Auskünfte zum Thema "wie können Stiftungen mit mehr als Geld fördern" zur Verfügung, insbesondere zu den Beispielen der betreffenden Stiftungen:
Im Webtalk #ImpulseStiften ging es am 30.11.2021 um das Thema „Partner stärken: Kernfinanzierung & Capacity Building“. Zwei Stiftungen stellen vor, wie sie diese Strategie in der Praxis umsetzen. Hören Sie gerne rein!
Die Ehrenamtsstiftung MV hat ein praxisnahes Handbuch entwickelt, das Vereine bei der Organisationsentwicklung unterstützt