1. Anträge

weniger ist mehr 

Wie Stiftungen den Antragsprozess fair gestalten können

Der Förderantrag ist oft der erste Kontakt zwischen einer Stiftung und ihren zukünftigen Förderpartnern. Dieser Schritt prägt die gesamte weitere Zusammenarbeit und sollte daher entsprechend umsichtig gestaltet werden.


Für Projektträger bedeuten Förderanträge an Stiftungen vor allem unzählige Stunden Arbeitszeit, die sie selbst aufbringen und finanzieren müssen - laut dem Schweizer „Grantee Review Report“ im Schnitt zwischen 32 und 63 Stunden pro Gesuch. Eine Untersuchung aus Großbritannien kommt zu dem Ergebnis, dass die echten Kosten bei den Antragstellenden und den Stiftungen so hoch sind, dass sie in fast der Hälfte der Fälle die eigentliche Fördersumme übersteigen.


Kaum zufällig denken daher viele spendensammelnde Organisationen beim Thema „Stiftungs-Förderung“ oftmals zunächst an bürokratische Hürden und einen aufwendigen Formalitäten-Dschungel. Zudem können komplizierte Antragsformulare eine Hürde darstellen, die bestimmte Personen oder Organisationen davon abhält, überhaupt einen Antrag zu stellen.


Die Förderstiftungen selbst haben es in der Hand, administrative Prozesse zu vereinfachen, um so den Aufwand für die Antragstellung in ein angemessenes Verhältnis zur Fördersumme zu bringen. Das folgende Kapitel lädt zur Reflexion darüber ein, wie Förderstiftungen mit ihrer Verantwortung umgehen können, um sowohl die Antragstellung als auch die Antragsbewilligung fairer, schlanker und partizipativer zu gestalten.


Zahlreiche Praxisbeispiele verdeutlichen, wie Stiftungen ihre Arbeit bereits durch Haltung, Offenheit, Recherche und Kooperationen weiterentwickelt haben. Antworten auf viele Fragen entstehen oft im Dialog mit den Förderpartnern – aber gerade auch im Austausch der Förderstiftungen untereinander.


  • Was sollten Stiftungen beachten, wenn sie ihren Antragsprozess gestalten?

    Do no harm

    „Do no harm“ ist ein wichtiger Grundsatz für Stiftungen – sie wollen ja helfen und keinen Schaden anrichten. 

    • Bezogen auf den Antragsprozess bedeutet das, dass sich Stiftungen bemühen sollten, (potenziellen) Antragstellenden nicht mehr Arbeit als nötig zu machen, denn jede Stunde, die jemand aus einer gemeinnützigen Organisation umsonst in einen Antrag investiert, ist eine Stunde, die für das Gemeinwohl verloren ist. Also: Sind die Förderkriterien so klar formuliert, dass Antragstellende die Erfolgschancen realistisch abschätzen können? Steht der Aufwand einer Bewerbung in einem vernünftigen Verhältnis zu der Fördersumme? Sind alle Informationen, die abgefragt werden, wirklich nötig, um eine belastbare Entscheidung treffen zu können?
    • Wecken Sie keine falschen Hoffnungen. Wenn Ihre Stiftung einen Antrag – aus welchen Gründen auch immer – nicht fördern möchte, dann sagen sie zeitnah und verbindlich ab. Nichts ist schlimmer, als Antragstellende hinzuhalten oder mit immer neuen Nachfragen zu zwingen, noch mehr Arbeit in einen Antrag zu investieren. Es ist schlicht unfair, auf diese Weise Hoffnungen zu schüren und Ressourcen zu binden, statt klar und deutlich „Nein“ zu sagen. 
    • Förderstiftungen sollten sich zudem immer wieder fragen: Wie sehr stützen wir externe Abhängigkeiten und behindern vielleicht die Hilfe zur Selbsthilfe? Entlassen wir an manchen Stellen Behörden aus der Verantwortung? Hebeln wir womöglich nachbarschaftliche Hilfsstrukturen aus? Auch hier gilt: Antworten entwickeln sich im Dialog.

    Vor dem Antrag: Im Dialog mehr Wirkung erzielen

    Oft setzen sich bei Förderausschreibungen vor allem Organisationen durch, die bereits „Antragsprofis“ sind. Kleine und noch unerfahrene Engagierte benötigen das Geld von Stiftungen aber oft viel dringender. Stiftungen, die vor allem kleine, lokale Initiativen erreichen wollen, sollten ihren Antragsprozess so niederschwellig wie möglich gestalten. Im Idealfall beginnt die Beziehung zwischen Förderpartner und Förderstiftung bereits vor dem formalen Antrag. 

    • Gespräche und Vorprüfungen sind für beide Seiten hilfreich. Einige Stiftungen machen ein telefonisches Vorgespräch sogar zur Bedingung für einen Förderantrag. Geht die Stiftung aktiv in den Dialog mit Non-Profit-Organisationen (NPOs), lernt sie aktive Engagierte persönlich kennen, schafft Empathie und bekommt Hinweise zu aktuellen Bedarfen. Zugleich kann sie selbst Informationen zu ihren Stiftungszielen geben und die Projektplanung des Förderpartners aktiv unterstützen. 
    • Ein solches Vorgehen erfordert Ressourcen in der Förderstiftung – davon ist Zeit sicherlich die wichtigste. Wenn dieses Investment seitens der Stiftung allerdings dazu führt, dass die Stiftung bessere Anträge erhält, dann lohnt sich die Investition. 
    • Viele Stiftungen bitten Antragstellende auch darum, eine kurze Projektskizze einzureichen, bevor sie einen vollständigen Antrag stellen. Gerade bei Stiftungen, die viele Anträge erhalten, erspart dieses zweistufige Vorgehen allen Seiten viel Aufwand und ermöglicht es, zeitnahe Rückmeldungen zu geben. Die Projektskizzen sind ein guter und niederschwelliger Einstieg in eine intensivere Diskussion zwischen der Stiftung und den (angehenden) Förderpartnern.

    Recherche und Ausschreibung gut planen 

    Es gibt zahllose Wege, wie Stiftungen die passenden Förderpartner finden können – von diskreten Recherchen bis hin zu aufwendigen öffentlichen Ausschreibungen. Über die Wahl der Ansprache können Stiftungen nicht nur die Anzahl, sondern auch die Qualität der Anträge steuern. Es lohnt sich daher, sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, auf welchem Weg potenzielle Förderpartner angesprochen werden. 

    Grundsätzlich gilt: Das Verhältnis von eingereichten Förderanträgen zu bewilligten Förderungen sollte etwa bei 3 zu 1 liegen. Weniger Anträge schränken die Auswahl der Stiftung zu sehr ein, deutlich mehr Anträge machen der Stiftung und vor allem den abgelehnten Antragsteller*innen unnötige Arbeit. 

    • Inhaltlich und zeitlich definierte Förderausschreibungen sind sinnvoll, um transparent zu agieren und über „die eigene Bubble“ hinaus Partner zu finden. Neben bestehenden Projektpartnern kann ein Förderaufruf auch an den Presseverteiler gehen, um weitere NPOs auf die eigene Förderung aufmerksam zu machen. 
    • Gerade wenn die Stiftung relativ konkrete Vorstellungen hat, kann sie auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten und stattdessen selbst potenzielle Förderpartner recherchieren und direkt ansprechen. Das spart Aufwand und führt direkt zum Ziel.
    • Eine weitere kreative Idee ist eine Art „Beauty-Contest“, bei dem sich ausgewählte Organisationen im Pitch um eine Förderung bewerben – persönlich oder per Video.
    • Grundsätzlich ist es immer lohnenswert, auf den Prüfungen und Förderempfehlungen anderer Stiftungen aufzubauen. 
    • Für kleinere Förderstiftungen kann es eine Option sein, sich bestehenden Förder-Allianzen anzuschließen oder als Co-Förderer anderen Förderpartnerschaften beizutreten. 

    Den eigenen Antragsprozess hinterfragen 

    • Ist der eigene Antrag für den Projektträger sinnvoll und verständlich? Wer das eigene Antragsformular einmal selbst ausfüllt, findet dazu sicher bereits einige Antworten. Ziel ist, herauszufinden, was wirklich wichtig ist, damit die Stiftung eine gute Entscheidung treffen kann. Möglichst niedrigschwellige Anträge helfen, niemanden auszuschließen (z. B. in Bezug auf Sprachkenntnisse). 
    • Um die eigenen Prozesse zu hinterfragen und Feedback für die nächste Ausschreibung einzuholen, lässt sich etwa ein Workshop mit bisher Geförderten organisieren. Auch eine Online-Umfrage ist schnell erstellt und gibt geförderten Organisationen die Möglichkeit, anonym Rückmeldungen zum Antragsprozess und zur Zusammenarbeit mit der Stiftung zu geben.  
    • Fazit: Zuhören ist wichtig. Stiftungen können das Wissen und die Erfahrungen ihrer Förderpartner für sich nutzbar machen, indem sie die Organisationen aktiv in die Weiterentwicklung ihrer Förderstrategie und ihrer Antragsprozesse einbinden.

    „nein” sagen 

    Grundsätzlich sollte jede Organisation, die einen Förderantrag einreicht, eine zeitnahe und verbindliche Rückmeldung erhalten. Das schafft nicht nur Klarheit auf der Seite der Antragstellenden, sondern stärkt auch das Image des Stiftungssektors. 

    • Es spricht dabei nichts dagegen, Standardanträge, die vielleicht sogar noch nicht einmal zu den Förderzwecken der Stiftung passen, mit einer freundlichen Standardantwort abzusagen. 
    • Bei Anträgen, die grundsätzlich in das Profil der Stiftung passen, aber aus anderen Gründen nicht gefördert werden können, muss die Stiftung abwägen: Natürlich kann es sehr hilfreich für die Antragstellenden sein, wenn sie Hinweise erhalten, wie das Projekt und/ oder der Antrag verbessert werden könnten. Wenn eine Stiftung allerdings viele Anträge erhält, kann das erhebliche Ressourcen beanspruchen. Außerdem werden solche Tipps mitunter als übergriffig empfunden (sofern mit einer Überarbeitung des Antrages nicht die Chance verbunden ist, das Projekt nochmal einzureichen). 
    • Falls die Stiftung einen Antrag vorliegen hat, den sie inhaltlich sehr überzeugend findet, aber nicht selbst fördern kann, kann es sich in Einzelfällen durchaus anbieten, aktiv (aber eben nicht finanziell) zu helfen: zum Beispiel mit Verbesserungshinweisen zum Projekt oder zum Antrag, mit Hinweisen auf andere Stiftungen, für die der Antrag interessant sein könnte, oder vielleicht sogar, indem die Stiftung selbst andere Stiftungen aus ihrem Netzwerk anspricht und einen Kontakt vermittelt. 


  • Beispiele aus der Stiftungspraxis

    Sie kennen noch weitere Beispiele dafür, wie Stiftungen den Antragsprozess fair gestalten? Dann lassen Sie es uns gerne wissen, damit wir die Sammlung weiter ergänzen können: hallo@weniger-ist-mehr.org.


    Dialogische und schlanke Antragstellung

    • Die Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung bittet ausdrücklich um eine Kontaktaufnahme, bevor ein Antrag gestellt wird: „Bitte lassen Sie sich vor der Antragstellung durch die Mitarbeiter:innen unserer Geschäftsstelle beraten. Eine Antragstellung kann nur nach einer persönlichen Beratung erfolgen.“ Außerdem hat die Stiftung ein kurzes Video produziert, das den Ablauf und die Kriterien der Antragstellung erläutert. 
    • Die Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam bietet vor der schriftlichen Antragstellung eine telefonische Beratung an. Projektträger können ihr Vorhaben nach dem Gespräch in einer kurzen E-Mail darstellen, die das Projektteam zunächst diskutiert und vorprüft. 
    • Die Braunschweigische Stiftung formuliert die Grundlagen ihrer Projektförderung in einem praktischen Leitfaden und ruft zum Dialog auf.
    • Die Ehrenamtsstiftung MV fördert mit dem Programm „Gutes tun in MV“ die Umsetzung ehrenamtlich getragener Vorhaben & Ideen und hat dazu ein sehr schlankes Antragsverfahren entwickelt, das zusätzlich noch in einem kurzen Erklärvideo und einer Handreichung zum Ausfüllen des Antrags erläutert wird. 
    • In einem ersten Schritt reichen Antragstellende bei der MONOM Stiftung für Veränderung nur eine kurze Skizze ihres Vorhabens ein, in der die wesentlichen Inhalte sowie die Kosten und Fördersummen beschrieben werden. Nur wenn die Stiftung auf dieser Grundlage eine reelle Chance für den Antrag sieht, reicht die Organisation einen vollständigen Antrag ein.
    • Die Hilti Family Foundation Liechtenstein setzt im Rahmen des Antragsprozesses auf ein Kurzformular. Darin können die Antragstellenden ihr Anliegen mit Blick auf die Handlungsfelder der Stiftung in Kürze präsentieren. In einem zweiten Schritt folgt entweder ein persönliches Gespräch oder es können – falls vorhanden – weiterführende Unterlagen eingereicht werden. Zudem versucht die Stiftung, durch die Publikation von unterstützten Projekten auf der Webseite potentiellen Antragstellenden bereits ein Gefühl dafür zu geben, ob ihr Antrag zur Stiftung passt.
    • Die NORDMETALL-Stiftung verzichtet auf Anträge und bittet stattdessen um ein Gespräch zur gemeinsamen Zielklärung. Die Bewilligung einer Förderung erfolgt auf Basis eines Kurzkonzeptes von maximal zwei Seiten, ausformuliert wird bei Projekten im Förderbescheid.
    • Die Rudolf Augstein Stiftung hat während der Corona-Pandemie im Rahmen ihrer Nothilfe auf schriftliche Anträge verzichtet und stattdessen Gespräche mit potenziellen Förderpartnern geführt. Grundlage waren dabei eigene Recherchen sowie Gespräche mit Kolleg*innen, um proaktiv auf geeignete Organisationen zuzugehen. 
    • Die Stiftung G5 Sahel vergibt substanzielle und langfristige Förderungen an Projekte in der Sahel Region. Um die Ausschreibungen breit und schlank zugleich anzulegen, hat die Stiftung einen mehrstufigen Prozess etabliert: Bewerber haben zunächst die Möglichkeit, sich in einer Videosprechstunde zu informieren, und reichen dann ein kurzes Konzept von 3 Seiten ein. Auf dieser Grundlage wählt das Stiftungsteam fünf bis sieben Kandidaten aus, mit denen Interviews geführt werden. Erst in einem dritten Schritt werden dann maximal drei Organisationen eingeladen, einen vollständigen Antrag zu erstellen. 
    • Wenn immer möglich, versucht die NATUM Foundation aus Liechtenstein vor dem Erhalt eines Antragsschreibens in einem kurzen Telefongespräch mit dem Antragsteller herauszufinden, was die Zielsetzung des Antragstellers ist und ob sich dieses Ziel mit dem Zweck der Stiftung deckt. So kann in wenigen Minuten eruiert werden, ob sich die Einreichung eines Antrags lohnt oder ob beide Parteien die Ressourcen anderweitig zielführender einsetzen können.

    Flexible Projektplanung 

    • Die Arcanum Stiftung vergibt Förderungen mit einer rollierenden Planung. Die Förderung wird auf mehrere Jahre zugesagt, aber die konkrete Planung wird jeweils zu Jahresbeginn gemeinsam vereinbart, so dass der urspüngliche Antrag  sehr schlank sein kann. 

    Synergien nutzen

    • Wenn verschiedene Stiftungen im gleichen Tätigkeitsfeld tätig sind, bietet es sich an, die Prozesse zusammenzulegen und eine gemeinsame Ausschreibung zu lancieren. Das erspart den Stiftungen viel Doppelarbeit und erlaubt es den Projektträgern, mit einem einzigen Antrag gleich mehrere Stiftungen zu erreichen. Ein Beispiel ist der Fonds Hamburger Spielräume der BürgerStiftung Hamburg, in dem sich 17 Stiftungen zusammengeschlossen haben, um Projekte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Hamburg zu fördern. 
    • Gewaltbetroffene Frauen mit prekärem Aufenthaltsstatus gehören zu den verletzlichsten, aber auch am schwersten zu erreichenden Zielgruppen. Um diesen Frauen schnell und unbürokratisch zu helfen, finanzieren mehrere Stiftungen den Fonds "Zugang für alle”. Der Fonds wird durch die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser verwaltet, die über die Förderungen entscheidet.
    • Die The Light Foundation fordert Antragstellende oft dazu auf, Anträge einzureichen, die sie bereits mit viel Aufwand für andere Förderer entwickelt haben. Auf dieser Grundlage steigt die Stiftung in die weiteren Gespräche ein. 
    • Die Kinnings Foundation lädt Vertreter:innen befreundeter Stiftungen zu ihrem Pitch Day ein. An diesem Tag stellen sich mehrere Organisationen oder Projekte vor, die nach einem umfangreichen Auswahlprozess als Kandidat:innen für eine Förderung in Frage kommen. Durch die Gäste aus anderen Stiftungen wird das Gespräch um interessante Perspektiven ergänzt, die der Kinnings Foundation bei ihrer Entscheidung helfen. Die eingeladenen Stiftungen profitieren von den Vorarbeiten des Kinnings-Teams und haben die Möglichkeit, sich an der Förderung vielversprechender Organisationen zu beteiligen. Für die Organisationen erschließt sich ohne zusätzlichen Aufwand ein größerer Kreis möglicher Förderer.

    Transparente Auswahlkriterien 

    • Um Antragstellenden ein klares Bild davon zu vermitteln, worauf aidFIVE bei der Auswahl von Projekten wert legt, hat die Organisation nicht nur einen umfangreichen Bereich mit Antworten auf häufige Fragen auf die website gestellt, sondern auch die interne Bewertungsmatrix veröffentlicht, mit der das Team Anträge bewertet. 
    • Die Aage V. Jensen Charity Foundation in Liechtenstein veröffentlicht auf ihrer Webseite eine Liste von Ausschlusskriterien, beschreibt kritische Erfolgsfaktoren für Anträge und definiert die Regionen, in denen Vorhaben gefördert werden.      


    Förderentscheidungen fairer und partizipativer gestalten

    • Die BürgerStiftung Hamburg verfügt über ein Gremium Jugendlicher, um über Projekte zu beschließen. Die Ratsmitglieder entscheiden selbstbestimmt über die Förderung von Klima- und Umweltschutz-Projekten, die von jungen Menschen in Hamburg initiiert und durchgeführt werden. Dafür stellt ihnen die Stiftung ein eigenes Förderbudget bereit.
    • Ähnlich agieren die Heinrich-Dammann-Stiftung (Jugendcrew), der Kinderbeirat von Children for a better World, der Mädchenbeirat der HiL-Foundation und der Jugendrat der Kreuzberger Kinderstiftung. Durch die Einbeziehung von Menschen, die selbst aus der Zielgruppe der Förderung stammen, wird die Entscheidung nicht nur fairer, sondern auch besser.
    • Bei filia.die frauenstiftung gibt es neben einem Mädchenbeirat auch einen Beirat migrantischer und geflüchteter Aktivistinnen. Er besteht aus zehn Frauen mit Migrationshintergrund, die filia bei der Entscheidung über die Fördermittel und bei der weiteren Entwicklung des Programms beraten.
    • Bei FundAction entscheiden Aktivist*innen selbst. Erklärtes Ziel ist, mit der Entscheidung über die Finanzierung auch Macht zu verlagern, die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten zu stärken und dadurch Kapazitäten aufzubauen.   
    • Beim Kultur Komitee Winterthur entscheidet ein ehrenamtliches Vergabegremium, dessen Mitglieder zufällig aus der Winterthurer Bevölkerung ausgelost wurden, über Anträge von Kulturschaffenden. Die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte stellt für jede Durchführung des Kultur Komitees CHF 500‘000 CHF zur Verfügung.
    • In der Förderlinie „Experiment!“ der VolkswagenStiftung werden nicht nur Projekte von einer unabhängigen Jury ausgewählt, sondern zusätzlich weitere Vorhaben aus den zum Programmziel passenden förderbaren Anträgen ausgelost (Teil-randomisiertes Verfahren – Lotterie und Peer Review).

  • Rechtliche Mindestanforderungen

    Rechtliche Mindestanforderungen / Deutschland

    Für das Antragsverfahren gibt es keine zwingenden rechtlichen Anforderungen – nicht einmal, dass es überhaupt einen Antrag geben muss. Allerdings: Ausnahmen bestätigen die Regel; etwa wenn Mittel von anderen Institutionen oder der öffentlichen Hand weitergeleitet werden. Dann ist ein formeller Antragsprozess oft Bedingung.


    Da der Stiftungsvorstand die Verantwortung für die Mittelvergabe trägt, muss er in der Lage sein, die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel nachzuweisen. Die Informationsquelle hierfür kann ein Antrag sein, ein Gespräch oder eine anderweitige Recherche. 


    Rechtliche Mindestanforderungen / Schweiz 

    Grundsätzlich gibt es keine gesetzlichen Anforderungen an das Antragsverfahren. Soweit die Stiftungsurkunde oder die Stiftungsreglemente keine Vorgaben dazu enthalten, steht es Stiftungen völlig frei, zu entscheiden, wie sie den Gesuchsprozess gestalten.


    Hierzu formuliert der Swiss Foundation Code (SFC) eine Reihe von Vorgaben, an denen sich Stiftungen orientieren können:

    • „Die Stiftung bemüht sich um einen ungehinderten Kontakt potenzieller Destinatäre zu ihr. Zu bezeichnen sind die zuständigen Kontaktpersonen und die für die Gesuchstellung erforderlichen Formalitäten, Bedingungen und Fristen. Gesuchstellern ist die Bewerbung zu erleichtern, indem sie gut informiert werden bzw. sich selbst informieren können. Dabei wird der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet.“ (SFC, Empfehlung 18)
    • Um „unberechenbare“ Entscheide und den „Vorwurf der Willkür“ zu vermeiden, soll der Antragsprozess „nach innen und nach aussen auf der Basis von Förderrichtlinien und mit transparenten und klaren Prozeduren abgesichert sein.“ (SFC, Empfehlung 18)

    NB: Der „Swiss Foundation Code“ formuliert Good-Governance-Richtlinien für Stiftungen. Er spricht Empfehlungen, aber keine zwingenden Bestimmungen aus.



    Rechtliche Mindestanforderungen / Liechtenstein

    Für das Antragsverfahren gibt es keine zwingenden rechtlichen Anforderungen.

    Gemeinnützige Stiftungen in Liechtenstein haben in der Regel eine Revisionsstelle, die jährlich u. a. prüft, ob das Stiftungsvermögen „seinen Zwecken gemäss verwaltet und verwendet wird”. Der Stiftungsrat muss also in der Lage sein, die zweckentsprechende Mittelverwendung zu dokumentieren. Insofern kann es sinnvoll sein, Anträge so zu gestalten, dass sich aus ihnen bereits die wesentlichen Angaben für die Zweckentsprechung ergeben. 



  • Ansprechpartner:innen

    Die folgenden Personen aus dem Autor:innen-Team stehen Ihnen gerne für Rückfragen und weitere Auskünfte zum Thema "wie können Stiftungen den Antragsprozess fair gestalten" zur Verfügung:  


  • Webtalks #ImpulseStiften zum Thema Antragsprozess

    Sie möchten mehr darüber wissen, wie Stiftungen über Förderungen entscheiden? Dann hören Sie gerne rein in den call “Innovative Verfahren zur Projektauswahl” im Webtalk  #ImpulseStiften vom 22.2.2022


    Wenn Sie sich für Förderfonds interessieren, empfehlen wir den call vom 27.4.2021: "Gemeinsame Fördertöpfe – ein Modell über die Krise hinaus?"


    Im Call am 14.3.2023 haben verschiedene Stiftungen vorgestellt, auf welchen Wegen sie an ihre Förderprojekte gelangen: Hier ist der Mitschnitt des calls „Wie kommen wir Stiftungen an unsere Förderprojekte?

  • Literatur

    In ihrem Buch „Noise: A Flaw in Human Judgment“ machen Daniel Kahneman, Olivier Sibony und Cass Sunstein deutlich, wie sehr zufällige Faktoren und Vorurteile unsere Entscheidungen beeinflussen. Auch Stiftungen können lernen, diese »Störgeräusche« zu verstehen und mit ihnen umzugehen, um bessere Entscheidungen zu treffen.


    Der Leitfaden "Förderwettbewerbe -Ausschreibungen erfolgreich planen und durchführen" erläutert, wie , wann und warum Stiftungen Förderungen öffentlich ausschreiben sollten.


    Die Guerrrilla Foundation hat ihre Projektauswahl im Jahr 2022 auf einen partizipativen Prozess umgestellt und die learings in einem Text zusammengefasst: 

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