4. Verträge

weniger ist mehr 

Wie Stiftungen Förderungen unkompliziert vereinbaren können

Ist die Entscheidung über eine Förderung gefallen, wird zwischen der Stiftung und der geförderten Organisation eine Rechtsbeziehung begründet. Im einfachsten Fall überweist die Stiftung Geld auf das Konto der Organisation und lässt sich bestätigen, dass die Mittel für die gemeinnützigen Zwecke der Organisation verwendet werden. Am anderen Ende des Spektrums stehen ausgefeilte Fördervereinbarungen mit Zwischenzielen, Bedingungen, Garantien, Nebenbestimmungen und einem Konvolut von Anlagen. Der Aufwand dafür lässt sich nahezu beliebig in die Höhe treiben.


Neben Kosten für eine anwaltliche oder steuerliche Prüfung kostet die Aushandlung detaillierter Vereinbarungen vor allem Zeit und Nerven und kann im schlechten Fall die Atmosphäre der Zusammenarbeit nachhaltig vergiften. Andererseits schaffen Vereinbarungen Verbindlichkeit, die gerade dann für die geförderte Organisation Gold wert ist, wenn sie auf dieser Grundlage Personal einstellen möchte. Bei mehrjährigen Förderungen helfen Vereinbarungen, den Überblick zu behalten, für wann welche Beträge zugesagt sind. Und die Aushandlung von Vereinbarungen kann Augenhöhe herstellen, wenn beide Seiten mit ihren Anliegen zum Zug kommen.


Die Richtschnur sollte sein: So viel wie nötig regeln, aber so knapp wie möglich. Vereinbarungen lösen keine Probleme zwischen Organisationen oder Menschen. Im besten Fall dienen sie als Referenz, worauf man sich vorab verständigt hatte, und regeln ein Verfahren zur Problemlösung. Aber kein Vertrag schützt davor, dass ein Projekt nicht so läuft wie geplant. 


  • Was sollten Stiftungen beachten, wenn sie Förderungen vereinbaren wollen?

    Nicht jede Förderung braucht auch eine Fördervereinbarung

    Es macht daher Sinn, im Einzelfall zu prüfen, ob ein Vertrag nötig und hilfreich ist.

    • Dient die Förderung zweckungebunden der Unterstützung einer Organisation, werden die „Hausaufgaben“ vorher gemacht: Ist die Organisation gemeinnützig, entspricht sie den Förderbedingungen der Stiftung? Dann reichen ein freundlicher Brief, eine Überweisung und eine Eingangsbestätigung der Organisation mit einer Kopie des Freistellungsbescheids für die eigenen Unterlagen.
    • Auch bei zweckgebundenen Förderungen reicht in der Regel ein Bewilligungsschreiben, zum Beispiel mit Bezug auf die Antragsunterlagen.
    • Bei größeren und/oder längerfristigen Vorhaben können Vereinbarungen sinnvoll sein – auch um der Organisation mehr Sicherheit zu geben. 

    Regelungsbedarf hinterfragen 

    Vereinbarungen können Klarheit schaffen. Trotzdem sollten Stiftungen kritisch prüfen, welche Aspekte der Förderbeziehung ihnen so wichtig sind, dass sie unbedingt geregelt werden müssen.

    • Vor allem im Hinblick auf mögliche Sanktionen sollte die Stiftung bedenken: Was kann im schlimmsten Fall passieren? Und welche Handlungsmöglichkeiten haben wir dann? Hält sich der Förderpartner nicht an das Vereinbarte, dann haben Stiftungen zumeist nur eine realistische Option: nämlich die Vereinbarung zu kündigen und gegebenenfalls noch nicht verausgabte Mittel zurückzufordern. Mittel, die die Organisation verwendet hat, könnten zwar – zum Beispiel bei einer zweckwidrigen Verwendung – grundsätzlich auch zurückgefordert werden. Das wird aber selten erfolgreich sein (das Geld ist ja schon weg) und eine gerichtliche Auseinandersetzung bringt außer Kosten selten etwas ein. Nur in handfesten Betrugsfällen kann sich ein juristisches Vorgehen anbieten – auch um Nachahmer*innen abzuschrecken.
    • Häufig führen schlechte Erfahrungen aus Einzelfällen der Vergangenheit dazu, in die nächste Vereinbarung eine Regelung dazu aufzunehmen. Über die Jahre wächst die Vorlage dann immer weiter an – bis niemand in der Organisation mehr weiß, warum diese Regelungen überhaupt in den Verträgen stehen. Davor sollten sich Stiftungen hüten.

    und zum Schluss ... 

    noch einige allgemeine Tipps:

    • Schreiben und übernehmen Sie nur, was Sie selbst verstehen.
    • Wenn nötig, definieren Sie besonders wichtige Begriffe. (Beispiel: Was ist eine „neue Zielgruppe“ für ein Museum? Menschen, die noch nie im Museum waren – oder Menschen, die sonst in andere Museen gehen?)
    • Versetzen Sie sich in die Lage der Organisation – ist die Regelung fair und realistisch?
    • Vermeiden Sie unnötigen Aufwand. Der Versuch, jedes denkbare Problem zu regeln, führt zu unlesbarem Kleingedruckten.

  • Was gehört in eine Fördervereinbarung?

    Hier eine Auswahl von möglichen Inhalten, die in einer Fördervereinbarung enthalten sein sollten:

    • Parteien: Wer schließt die Vereinbarung (und wer ist vertretungsberechtigt)? Hier können nur rechtsfähige Organisationen Partei des Vertrags werden - bei Treuhandstiftungen der Stiftungsträger, bei Projekten die Trägerorganisation (zum Beispiel der Verein oder die gGmbH). Viele soziale Organisationen haben Untergliederungen, Tochter- oder Betriebsgesellschaften - da reicht nicht der Bezug auf “das Rote Kreuz”, sondern es ist die konkrete Gliederung erforderlich (“DRK Kreisverband Pose an der Muckel e.V.”).
    • Gegenstand der Förderung: Dürfen die Mittel für die allgemeinen Aufgaben der Organisation verwendet werden, besteht eine Zweckbindung (“für die Jugendarbeit”) oder eine Bindung an ein bestimmtes Projekt? Hier kann ggf. auf den Antrag oder Anlagen Bezug genommen werden.
    • Umfang der Förderung: Handelt es sich um einen Festbetrag oder eine Fehlbetragsfinanzierung (“bis zu xxx Euro”)?
    • Fristen und Bedingungen für Zahlungen:  Wird die Summe einmalig ausgezahlt, gibt es feste Zahlungstermine, müssen Mittel abgerufen werden? Welche Fristen und Termine gibt es? Welche Nachweise oder Dokumente sind für eine Auszahlung erforderlich?
    • Informations- und Berichtspflichten, ggf. ergänzt um Einsichts- und Prüfungsrechte
    • Meilensteine: Gibt es vereinbarte Zwischenziele (“Meilensteine”) und was passiert, wenn diese nicht erreicht werden? Im wesentlichen gibt es zwei Optionen: Nachsteuern oder Förderung beenden.
    • Vereinbarungen zur Öffentlichkeitsarbeit: (gegenseitige) Nutzungsrechte für Namen und Logos, Pflicht zur Abstimmung oder Freigabe von Veröffentlichungen (wenn gewünscht), evt. Sprachregelungen zur Förderung, Recht oder Pflicht, auf die Förderung hinzuweisen, etc. Beachte: Nur beim Sponsoring ist die Werbung ausdrücklich als Gegenleistung zulässig, eine Förderung ist keine Dienstleistungsvereinbarung.
    • Beginn und Laufzeit, ggf. Kündigungsmöglichkeiten und Gründe für eine außerordentliche Kündigung (z. B. wenn die geförderte Organisation die Gemeinnützigkeit verliert)
    • Bankverbindung, auf die die Fördermittel ausgezahlt werden (oder: “...auf ein von der Organisation vor dem ersten Zahlungstermin zu benennendes Konto…”)
    • Regelungen zum Datenschutz und zur Vertraulichkeit, wenn gewünscht

    In Deutschland haben Verträge am Ende eine “salvatorische Klausel”, die besagt, dass der Rest des Vertrags auch dann gilt, wenn einzelne Regelungen unwirksam sind. Grund dafür ist § 139 BGB, nachdem ein Vertrag ganz nichtig sein kann, wenn einzelne Regelungen nicht wirksam sind, sofern nichts anderes geregelt ist.. 

    • Beispiel für eine “salvatorische Klausel” nach deutschem Recht: “Ist eine Regelung dieses Vertrags unwirksam oder undurchführbar, so bleibt die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Regelung gilt diejenige wirksame und durchführbare Regelung, die dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch für unbeabsichtigte Regelungslücken in diesem Vertrag.”

  • Rechtliche Mindestanforderungen

    Rechtliche Mindestanforderungen / Deutschland 

    Es gibt keine zwingenden rechtlichen Anforderungen für Fördervereinbarungen – nicht einmal, dass es überhaupt eine solche geben muss. Ausnahmen können gelten, wenn Mittel von anderen Förderern oder der öffentlichen Hand weitergeleitet werden; dann gelten die Bedingungen für dieses re-granting.


    Rechtliche Mindestanforderungen / Schweiz 

    Es gibt keine Pflicht, Förderverträge abzuschliessen. In vielen Fällen dürfte sich ein Abschluss solcher Verträge indes empfehlen. Bedeutende Verträge – wozu gegebenenfalls auch Förderverträge zählen können – sind grundsätzlich von Stiftungsrät*innen abzuschliessen, was einen entsprechenden Stiftungsratsbeschluss voraussetzt.


    Gemäss Swiss Foundation Code (SFC) sind im Fördervertrag insbesondere folgende Bereiche zu regeln:

    • „Auflagen, vor allem die Zweckbindung;
    • Bindung der (etappierten) Finanzierung an inhaltliche Meilensteine/Zwischenziele;
    • Informationspflicht und Berichterstattung;
    • weitere Bedingungen (z. B. die Zustimmung Dritter oder das Vorliegen eines bestimmten Nachweises des Destinatärs);
    • Pflicht, die Stiftung zu nennen.“ (SFC, Empfehlung 19)

    NB: Der „Swiss Foundation Code“ formuliert Good-Governance-Richtlinien für Stiftungen. Er spricht Empfehlungen, aber keine zwingenden Bestimmungen aus.


    Rechtliche Mindestanforderungen / Liechtenstein

    Es gibt keine zwingenden rechtlichen Anforderungen für Fördervereinbarungen. Die Dokumentationspflichten gegenüber der Revisionsstelle sind zu beachten. Dabei kann sich die Stiftung entscheiden, wie sie ihnen nachkommen möchte - durch schriftliche Vereinbarungen, durch Bezugnahme auf ein Gesuch oder auf andere Weise. 



  • Beispiele und Mustertexte aus der Stiftungspraxis

    Sie kennen noch weitere Beispiele dafür, wie Stiftungen Förderungen unkompliziert vereinbaren? Dann lassen Sie es uns gerne wissen, damit wir die Sammlung ergänzen können: hallo@weniger-ist-mehr.org.

    • Die Max Kohler Stiftung schliesst Förderverträge nur bei größeren Förderungen (ab einem Volumen von CHF 50‘000). 
    • Die Arcanum Stiftung hat ein internes Reglement erlassen, um festzulegen, für wleche Förderungen Verträge nötig sind und wann eine formlose Zusage reicht. (-> Reglement)
    •  Eine Stiftung kann auch ihre Förderbedingungen allgemein formulieren (quasi als AGB) und schon im Antragsprozess zur Grundlage der Förderung machen. 

    Muster für Förderverträge 


    Die Muster, die Sie hier herunterladen können, helfen bei der Orientierung und dienen zur Inspiration. Sie ersetzen keine fachliche Beratung und müssen auf den Einzelfall und die jeweilige Rechtsordnung angepasst werden. 




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